Anläßlich der Neubesetzung des Trainerpostens beim Frauen-Oberligisten TSV Wattenbek stellte Jörg Lühn für die Kieler Nachrichten mir einige Fragen. In Auszügen erschienen die Antworten am 15.05.2008 in der Holsteiner Zeitung. Nachfolgend der vollständige Text des Interviews:
Hallo Herr Strunk, Glückwunsch zur neuen Tätigkeit in Wattenbek. Sie standen als Trainer-Nachfolger für Andreas Juhra ja nicht ganz oben auf der Kandidatenliste. Fühlen Sie sich nun als beste Lösung?
Danke. Nun, auch bei mir kreisten bis zum Anruf von Ernst-Werner Jappe vor 3-4 Wochen bei den Überlegungen für die neue Saison die Gedanken sicherlich nicht ausgerechnet um den Trainerposten in Wattenbek. Aber auf die Option einer möglicherweise sinnvollen Zusammenarbeit muß man ja nicht gleich deshalb verzichten, nur weil beide Seiten vielleicht ursprünglich in andere Richtungen überlegt haben mögen. Wäre das so, gäbe es für alles immer nur die erstbeste Lösung…
Im Ernst: Ich halte es für völlig normal, daß man sich bei der Suche nach einem Trainer als erstes an diejenigen wendet, die aktuell im Frauenbereich und z.T. ja sogar in der gleichen Liga tätig sind oder einem aus dem regionalen Umfeld des Vereins schon persönlich bekannt sind. Soweit ich es richtig mitbekommen habe, trifft das ja so ziemlich auf alle Namen zu, die im Vorfeld von Ihnen als potenzielle Kandidaten journalistisch „abgehandelt“ wurden.
Ich selbst habe im Lauf der Jahre deutlich überwiegend und die letzten fast 5 Jahre ausschließlich als Männertrainer gearbeitet und zu Wattenbek vorher nie „handballerischen“ Kontakt gehabt. Meine Zeit in der Oberliga und Regionalliga der Frauen liegt zudem nun doch schon ein paar Jahre zurück.
Zu den „üblichen Verdächtigen“, an die man als erstes denkt, wenn irgendwo ein Platz auf der Bank einer Frauenmannschaft neu zu besetzen ist, gehört man da sicher nicht. Ob man allein deswegen Rückschlüsse auf das Gelingen einer Zusammenarbeit ziehen will, darüber darf sich jeder gerne seine persönliche Meinung bilden.
Und ob ich mich nun als die beste Lösung fühle, ist eine rein rhetorische Frage, die sich mir so nicht stellt: Wenn ich der Überzeugung wäre, daß es doch lieber ein anderer machen sollte, hätte ich den Posten sicher nicht übernommen. Entscheidend ist doch, ob man das Gefühl hat, daß es eine reizvolle Aufgabe ist, daß es funktionieren kann und: daß es vor allem auch die Mannschaft für eine gute Lösung hält. Und was letzteres betrifft, gab es nach unserem ersten Zusammentreffen ein recht eindeutiges Signal, so daß ich zuversichtlich bin, daß sich hier eine gute und u.U. auch erfolgreiche Zusammenarbeit entwickeln kann. Alles andere wird sich zeigen…Wie schnell ist bei Ihnen die Entscheidung gereift, das Angebot anzunehmen?
Ich gebe zu, daß ich nicht spontan „ja“ gesagt habe. Was zunächst mit dem TSVW selbst überhaupt nichts zu tun hat. Aber zum Zeitpunkt der Anfrage hatte ich mir schon einigermaßen konkrete Gedanken über ein Weiterarbeiten im Männerbereich gemacht – da gab es Mitte April außer dem Angebot meines bisherigen Vereins auf „Verlängerung“ auch eine nachdenkenswerte höherklassige Anfrage. Zum anderen, weil die Aufgabe – verglichen mit der Situation der letzten Jahre – auch einen nicht ganz unerheblichen zusätzlichen zeitlichen Aufwand bedeutet, der im Hinblick auf meine berufliche Belastung erst einmal abgewogen und vor allem auch im Hinblick auf private Verpflichtungen gerechtfertigt sein wollte.
Und schließlich muß man auch hinsichtlich der organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen die beiderseitigen Grenzen ausloten, was naturgemäß immer ein wenig Zeit und Überlegung braucht.
Letztlich haben außer der Überzeugungskraft des Wattenbeker Obmanns maßgeblich die Tatsache, daß hier ein augenscheinlich recht intaktes und sehr begeisterungsfähiges Umfeld um eine durchaus noch ausbaufähige leistungsbereite Truppe herum vorhanden ist und vor allem der persönliche Eindruck, den ich mir von der Mannschaft machen konnte, den Ausschlag für Wattenbek gegeben.Hatten Sie gleich ein Konzept für eine Frauen-Oberligamannschaft in der Tasche?
Sagen wir es einmal so: Ich habe eine recht konkrete Vorstellung davon, wie Handball aussehen sollte. Und eine gewisse Erfahrung darin, wie man das mit den vorhandenen Möglichkeiten einer Mannschaft u.U. umsetzen kann. Auch im Frauenbereich. Von daher ist die Sache sicherlich keine völlig fremdartige Herausforderung. Natürlich ist das keine Garantie dafür, daß es allein deshalb funktioniert.
Aber es ist eine Basis, die zusammen mit der nötigen Einsatzbereitschaft der Mannschaft – von der ich nach den ersten Eindrücken übrigens recht beeindruckt bin – dazu führen soll, daß es auch im traditionell immer schwierigen 2. Jahr eines Aufsteigers mit gleicher Begeisterung und hoffentlich ähnlichem Erfolg weitergeht. Ich hoffe, daß ich dem Team einige neue Impulse geben kann – und natürlich, daß es uns zusammen gelingen wird, unter Beibehaltung der bisherigen Stärken eine gute Rolle in der nächsten Saison zu spielen.Der TSV Wattenbek spielte ein erfolgreiches erstes Jahr in der Oberliga, ist seit 2004 dreimal aufgestiegen. Ihr Vorgänger war zehn Jahre im Klub. Fürchten Sie den „Rehhagel-Effekt“?
Um es klar zu sagen: Andreas Juhra hat mit immensem Engagement und großer innerer Überzeugung über eine Reihe von Jahren hinweg faktisch aus dem Nichts um eine Reihe talentierter Jugendspielerinnen herum aus „seinem“ Verein – einem absoluten „Handball-Nobody“ – eine aktuelle Adresse im schleswig-holsteinischen Frauenhandball gemacht. Dafür gebührt ihm nicht nur großer Respekt – klar ist auch, daß jeder Nachfolger natürlich schon deshalb einer gesteigerten „Beobachtung“ unterliegt. Das ist mir völlig bewußt. Ich habe damit aber kein Problem.
Tatsache ist auch, daß jede langjährige Zusammenarbeit – zumal mit wenig personellen Veränderungen – eine gewisse Verfestigung der beiderseitigen Wahrnehmung mit sich bringt und es für die Sache und das Team durchaus nicht von Nachteil ist, wenn sich die Perspektive und die Herangehensweise durch eine neue sportliche Leitung mal erneuern. Und die Tatsache, daß ich von den Spielerinnen keinen über mehrere Jahre hinweg gewonnenen vorgefaßten Eindruck habe, bietet jeder Spielerin die Chance, sich vor der neuen Saison ggf. neu zu positionieren und entsprechend ihren Fähigkeiten darzustellen. Darin sehe ich auch einen gewissen Vorteil im Hinblick auf die neue Spielzeit.Was werden Sie ändern, was behalten Sie bei?
Für konkrete Aussagen dazu ist es momentan definitiv zu früh. Ich habe mir einen guten ersten Eindruck von Team und Umfeld machen können – mehr aber bislang noch nicht. Eines kann ich grundsätzlich sagen: Dinge, die sich bewährt haben, werde ich sicherlich nicht abschaffen, nur weil nicht ich sie eingeführt habe. Ich denke, die Mannschaft und das Umfeld sind momentan eine sehr gut funktionierende Einheit; „Eingriffe“ müssen da sehr behutsam erfolgen. Aber selbstverständlich werde ich beizeiten dort Vorschläge machen, wo ich Änderungsbedarf sehe. Und sicherlich wird die taktische Grundausrichtung des Teams nicht defensiver werden als bisher…
Reichen zwei Trainingseinheiten pro Woche außerhalb der Vorbereitungszeit?
Wenn Sie gut genutzt werden: Ganz bestimmt. Zumal dann, wenn es sich um Spielerinnen handelt, die auch ihre sonstige Freizeit nicht durchgehend auf der Couch vor dem Fernseher verbringen. Und den Eindruck hatte ich nicht bei unserer ersten Begegnung… Natürlich kann es auch nicht schaden, der Physis vielleicht noch einen dritten Termin zu „gönnen“. Aber handballerisch halte ich 2 Einheiten in diesem Leistungsbereich für absolut ausreichend, um dem Niveau und den Anforderungen der Liga gut gerecht werden zu können. Selbst wenn man den Blick vielleicht vorsichtig nach oben richten würde…
Im übrigen darf man nicht außer acht lassen, daß der Aufwand auch in einem vernünftigen Verhältnis zu seiner Finanzierbarkeit und dem realistischen persönlichen Stellenwert des Hobbys „Oberliga-Handball“ stehen muß. Damit meine ich: Niemand in diesem Leistungsbereich lebt vom Handball – von daher müssen sich sportlich Wünschenswertes und unter dem Freizeitaspekt Realisierbares in einem gesunden Verhältnis gegenüberstehen. Das gilt für die Spielerinnen – aber natürlich auch für den Trainer…Vermutlich ist jetzt Trainingspause. Tingeln Sie über die Dörfer, um bei Turnieren noch andere Spielerinnen sichten zu können oder sind in Ihrem Adressbuch noch einige Namen gespeichert?
Sie vermuten richtig. Für die Spielerinnen ist jetzt für einige Wochen erst einmal wohlverdiente Pause. Und für mich ist das die Zeit der „Hausaufgaben“, in der ich mir die notwendigen konzeptionellen Gedanken machen werde, bevor es dann offiziell in die Vorbereitung geht.
Natürlich ist es nie verkehrt, wenn Spielerinnen dazustoßen, die dem Team weiterhelfen können – sie müssen aber ja auch immer zur Mannschaft passen. Nach gegenwärtigem Stand ist ein funktionierendes Mannschaftsgefüge vorhanden, das auch zahlenmäßig eigentlich nicht zu knapp bemessen ist. Und: Never touch a running system, wie es so schön heißt. Bevor ich mir also darüber konkret Gedanken mache, ob so eine „Dörfertour“ Not tut, werde ich sicherlich zunächst erst einmal Rücksprache mit den bisherigen Verantwortlichen halten und die notwendigen Hintergrundinformationen – auch zu bereits laufenden Gesprächen mit etwaigen Neuzugängen einholen. Dann sehen wir weiter…In welchen Bereich braucht Ihr Team Verstärkung?
Dazu kann ich mich zum jetzigen Zeitpunkt seriöserweise überhaupt noch nicht äußern. Tatsache scheint aber zu sein, daß wir uns jedenfalls im Torwartbereich momentan wohl keine Sorgen zu machen brauchen…
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