„Am Freitag beginnt die Handball-WM: Ab dann geht es für die deutsche Mannschaft um den Titel im eigenen Land. Dieter „Jimmy“ Waltke weiß bereits, wie es ist, Weltmeister zu sein. Er spielte 1978 beim letzten Triumph eines DHB-Teams. Dabei war Waltke eigentlich schon draußen.
Er wollte seine Koffer schon packen. Am nächsten Tag stand das Endspiel der IX. Handball-WM 1978 in Kopenhagen an, aber Dieter Waltke hatte genug von seinem Trainer. „Wir standen im Finale, das ja, aber ich war trotzdem tief enttäuscht vom ganzen Verlauf der WM“, erzählt Waltke, „ich wollte schon abreisen, da kommt der Trainer an unseren Tisch, guckt mich an und sagt: „Du spielst morgen“.
Waltke […] wäre wohl auch in diesem Endspiel nicht zum Einsatz gekommen. Aber dann unterlief Arno Ehret, dem Stammspieler auf Linksaußen, in der 39. Minute ein Fehler in der Abwehr. Stenzel war wütend, wechselte Ehret aus. […] Was in den folgenden drei Minuten geschah in der mit 7000 Zuschauern ausverkauften Bröndyhalle, war atemberaubend.
Der Einzige, der cool blieb, der kaltschnäuzig die vor ihm liegende Chance nutzte, war Waltke, dieser Unbekannte, der noch keine Sekunde gespielt hatte. Die Szenen hat er immer noch gespeichert: „Es stand 13:12, und keiner hat sich so richtig getraut. Da habe ich einfach den ersten Wurf von außen genommen.“ Und als er traf gegen Michail Istschenko, die russische Torhüterlegende, „da habe ich das nötige Selbstvertrauen gehabt“.
Die Mitspieler spüren das. Als die Abwehr den nächsten Angriff der Sowjets abfängt, bedient Brand, der heutige Bundestrainer, den flinken Mann von Grün-Weiß Dankersen – und auch dieser Tempogegenstoß sitzt. 15:12 für Deutschland. „Das lief so gut“, erzählt Waltke, „da bin ich einfach den nächsten Angriff eingelaufen und habe einen Ball aus dem Rückraum geworfen.“ Die Mauer der russischen Riesen hielt auch diesem Wurf nicht stand. Ob er über sie hinweg warf, oder einfach mitten hindurch, das weiß Waltke nicht mehr.
Aber es stand 16:12, sie führten das erste Mal mit vier Toren, der WM-Triumph war greifbar. Waltke lief jubelnd zurück, dann kam für ihn der Schock. Der Trainer gab ihm das Zeichen. „Da musste ich schon wieder raus“, erzählt Waltke. Nach exakt 193 Sekunden.
Noch heute, 29 Jahre später, ist ihm die Empörung darüber anzumerken. „Verstanden hat das eigentlich keiner“, sagt Walke. Welcher Trainer wechselt einen Sportler aus, der einen solchen Lauf hat? Der drei fantastische Tore geworfen und das Spiel innerhalb von etwas mehr als drei Minuten so gut wie entschieden hat?“
Du musst eingeloggt sein um einen Kommentar zu hinterlassen.