Ein tempo- und torreiches Kieler Derby erlebten die Zuschauer auf den Rängen der Tallinnhalle zur Saisoneröffnung der Handball-Bezirksliga Ost.
Während sich das Umfeld des KMTV mittlerweile mit eigenem Webauftritt, einem Hallenheft und einem eigenen Förderverein „professionell“ aufgestellt hat, verhinderte zunächst einmal die Hallenbelegungsplanung des KHV Kiel eine einigermaßen adäquate Spielvorbereitung:
Bei der Spielansetzung für die Heimspiele in der Tallinnhalle wurde die Zeit zwischen den Begegnungen des Tages für sämtliche Partien derart knapp bemessen, daß den Sportlern günstigenfalls lediglich eine Vorbereitungszeit von 10-15 Minuten in der Halle zur Verfügung steht – dies entspricht nicht einmal annähernd dem andernorts üblichen Standard in der Bezirksliga. Diese Terminierung ist umso unverständlicher, als es überhaupt keine sachliche Notwendigkeit für die gegenüber dem Vorjahr erfolgte Vorverlegung der Anwurfzeiten für die Bezirksliga-Begegnungen gibt.
Die Gastgeber mußten den ersten Schock bereits verdauen, bevor das Spiel überhaupt begonnen hatte: Beim Aufwärmen hatte sich Spielmacher Philipp Merkel verletzt und musste unmittelbar vor dem Anpfiff wieder vom Spielbericht gestrichen werden. Für ihn beorderte Trainer Jan Strunk kurzfristig Ralf Rathje von der Tribüne auf die Bank. Der Rückraumspieler – wegen Trainingsrückstands zu diesem Spiel nicht aufgestellt – war zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch damit beschäftigt, Eintrittskarten zu verkaufen…
Im Angriff musste nun Kreisläufer Timo Off auf der ungewohnten Mittelposition die Geschicke des KMTV-Angriffs leiten. Dies gelang zunächst wider Erwarten gut. Die Gastgeber legten von Beginn ein hohes Tempo vor, das den Oberligaabsteiger in arge Bedrängnis brachte. Aus einer offensiven Deckung heraus wurde das Angriffspiel des THW ein ums andere Mal unterbrochen und im Gegenzug erzielte der KMTV Tor um Tor.
Herausragend dabei war Neuzugang Benny Wiborg, der im linken Rückraum für Gefahr sorgte.
Als der THW dann jedoch reagierte und auf eine kurze Deckung für Wiborg umstellte, stand der KMTV wegen der dünnen Rückraumbesetzung vor einem echten Problem, insbesondere, da der später starke Torben Albrecht erst zur zweiten Halbzeit ins Spiel fand.
In dieser Phase fehlte dem KMTV der notwendige Druck im Angriff, so daß mehr und mehr Bälle vorne verloren gingen. Zeitgleich steckten die Kieler in der Abwehr zurück und so konnte der THW die Führung des KMTV erst ausgleichen und in den Schlußminuten der ersten Hälfte selbst bis auf 15:10 davonziehen.
Im zweiten Abschnitt steigerten sich die Gastgeber noch einmal. Der KMTV wehrte sich und blieb dran. Mitte der zweiten Halbzeit kämpfte man sich auf 18:21 bzw. 22:25 heran. Sogar zehn Minuten vor Schluss beim Stand von 24:28 war noch alles möglich.
Doch die Kieler hatten mit drei Haupt-Problemen über das gesamte Spiel zu kämpfen:
Mit einer zu schlechten Chancenverwertung (27 Fehlwürfe im Spiel), einem auf den entscheidenden Abwehrpositionen zu passivem Abwehrverhalten und – nicht zuletzt – einer Hälfte des Schiedsrichtergespanns, die sich bereits sehr früh für den späteren Sieger entschieden hatte und mit teilweise unverhohlen einseitiger Spielauffassung in den entscheidenden Situationen im zweiten Durchgang die Gäste bevorteilte. Wann immer es eng wurde, sah sich der KMTV postwendend in Unterzahl wieder, so daß es dem THW leicht gemacht wurde, seinen Vorsprung zu halten und gegen Ende noch einmal auszubauen.
Der Oberliga-Absteiger nutzte seine Chancen konsequent und kam über einfache Tore aus Tempogegenstößen, zweiter Welle und Überzahl-Spiel immer wieder problemlos zum Erfolg.
Unglücklich agierte in der zweiten Halbzeit THW-Shooter Jan Schröder, der den KMTV-Torwart Patrick von der Horst mit einem Wurf auf den Kopf traf, nachdem der Angriff bereits durch Schiedsrichterpfiff unterbrochen war.
Der KMTV-Schlussmann, der bis dahin glänzend pariert hatte, musste ausgewechselt und nach der Partie ins Krankenhaus gebracht werden. Mit einer Gehirnerschütterung verbrachte der Schlussmann die nächsten drei Nächte im Krankenhaus.
Am Ende muss man allerdings anerkennen, dass der THW aufgrund seiner durchschlagskräftigeren Einzelspieler verdient gewonnen hat, während dem sichtlich verärgerten KMTV-Trainer Jan Strunk nach dem Spiel nur die Festststellung blieb: „Wir haben uns gegen diesen Gegner leider unnötig unter Wert verkauft, weil keiner meiner Spieler heute die Leistung abgerufen hat, die er eigentlich bringen kann.“
Jetzt geht es nächste Woche zum ersten Tabellenführer der Saison nach Altenholz, der mit einem Kanter-Sieg beim letztjährigen Meister Bordesholm bereits ein kräftiges Ausrufezeichen in der Liga gesetzt hat.
Kieler MTV – THW Kiel II 30:37 (10:15)
KMTV: Wenn, v .d. Horst – Dau (3), Breitenbach (3), Hagemann (5), Off (2), Wiborg (6/1), Rathje (2), Albrecht (8/1), Schwekendiek (1), Prüssner, Weber.
THW: Fendt, Grüning – Schröder (11), Thomsen (5), Dahm (4/2), Schütte (2), Kröger (3), Jansen (9), Braun (3), Festerling, Rutthoff.
[oha/st – 07.09.2004]
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