Irgendwie ist Boris Becker’s Werbespruch mit Kultcharakter nicht mehr so ganz zeitgemäß. Dieses überraschte „Ich bin drin“ wirkt überholt, weil es immer mehr zur Normalität wird, „drin“ zu sein – drin im Internet. Auch für Sportvereine, Mannschaften und sogar ganze Spieleraufgebote.
„Bei uns sind alle drin“, sagt zum Beispiel Holger Preugschat, Handball-Obmann des Kieler MTV und gleichzeitig Betreuer der 1. Männermannschaft. Damit, so Preugschat, sei die Zeit der unsicheren Telefonketten vorbei.
Wenn KMTV-Trainer Jan Strunk seinen Spielern etwas mitzuteilen hat, dann macht er das via e-Mail. Ein Klick – und schon weiß die ganze Mannschaft, daß das Testspiel in Flintbek ausfällt.
Überhaupt sind die Handballer des Kieler MTV ein gutes Beispiel, wie man sich auch als unterklassiger Klub das Internet nützlich machen kann. Unter „kmtv-handball.de“ erfährt der Interessierte alles über Team und Spielklasse. 2076 Surfer hatten sich bis gestern Mittag die Homepage der KMTV-Handballer auf den Bildschirm geholt. Und dies seit Mitte Mai!
Natürlich interessiert es nicht jeden, wie die Bilder der Hochzeit vom Torwart aussehen. Oder wie die Freundin vom Linksaußen heißt. Aber auch die, die nicht zur 1. KMTV-Mannschaft gehören, finden etwas. Ein Handball-Forum zum Beispiel, wo über aktuelle Themen diskutiert werden darf. Meist über den Handball in und um Kiel.
In diesem Forum findet Strunk auch schon mal „Motivationsmaterial“, wie es der Coach nennt. Dann nämlich, wenn sich der kommende Gegner unvorsichtig laut äußert – in der scheinbaren Anonymität des Internets vollmundig eine Niederlage der KMTV-Handballer voraussagt.
„Mit so einer Homepage können wir aber auch den Draht zu den Ehemaligen halten“, nennt Preugschat einen weiteren Vorteil. Spieler, die Kiel und die Truppe verlassen hätten, seien auch an ihrem neuen Wohnort immer über alles Aktuelle informiert. So meldete sich einmal ein Ex-KMTV-Handballer aus dem Breisgau und fragte im Gästebuch, ob der drohende Abstieg aus der Bezirksliga „etwas mit meinem Fortgang nach Freiburg zu tun haben könnte“. Das damals vom Mißerfolg genervte Team hatte mal was zu lachen.
Beim nächsten Klick auf die eigene Homepage aber könnte schon wieder pure Provokation „drin“ sein. Aber Provokation auf der eigenen Homepage schlachtet Strunk ja als Motivation aus. Wohl dem, der drin ist! Da wird der weltweit zugängliche Name der Freundin vom Linksaußen wirklich zur Nebensache.
[Quelle: Kieler Nachrichten v. 01.11.2000]
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